Freitag, 16. Dezember 2016

Wahrheit oder Propaganda?

Wir werden nie mit Sicherheit unterscheiden können, welche Behauptungen wahr sind, und welche erfunden.
Wer also bei "den Anderen" Propaganda vermutet, ist wohl gut beraten, auch bei "den Eigenen" Vorsicht walten zu lassen.
Cuo bono? Wem zum Vorteil?
Wer die Halbwahrheiten beider Seiten zusammenfügt, könnte der Wahrheit auf die Spur kommen, denk ich mir.

Donnerstag, 11. August 2016

Exportüberschuss - der große Irrtum

Mal angenommen, in einer Welt existieren nur 2 Personen.
Eva hat einen Apfelbaum, Adam einen Olivenbaum.
Eva liebt Adam und seine Oliven, Adam liebt Eva und ihre Äpfel.
Solange Adam gleich viele Äpfel nachfragt wie Eva Oliven, und solange beide 1 Apfel gegen 1 Olive tauschen, ist ihre Welt in bester Ordnung. Ihre Handelsbilanzen sind ausgeglichen.
Nimmt Adam aber 2 Äpfel, Eva hingegen nur 1 Olive, dann kann Eva (1) den zweiten Apfel schenken, oder (2) man vereinbart einen neuen Wechselkurs 2 Äpfel gegen 1 Olive. Das läuft auf's Gleiche hinaus, und beide Handelsbilanzen sind weiterhin ausgeglichen.
Besteht Eva (3) hingegen auf den Wechselkurs 1:1 wird's schräg:
Evas Handelsbilanz wird "positiv", sie exportiert mehr als sie importiert.
Adams Handelsbilanz wird "negativ", er importiert mehr als er exportiert.
Beides funktioniert nur, wenn und weil Eva Adam Kredit gibt: Denn für jeden Überschussapfel, den sie exportiert, schuldet Adam eine Olive, die Eva nicht will.
Wo das hinführt, kann man an Äpfeln und Oliven, an der schwindenden Liebe zwischen Eva und Adam,  an der aktuellen Schräglage der Europäischen Staatengemeinschaft und an der aktuellen Weltwirtschaft augenscheinlich nachvollziehen.
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Und die Moral von der Geschicht':
Jeder muss so viel verbrauchen, wie er produziert. Was er zu viel hat, sollte er besser verschenken, denn verborgen sollte man nur, was einem nicht fehlt, wenn es nicht mehr zurückkommt.
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Albrecht Müller - NachDenkSeiten
http://www.nachdenkseiten.de/?p=34559
Denkfehler: Exportüberschüsse sind prima

https://youtu.be/BdfPpRIKNSo

Sonntag, 18. Oktober 2015

Ich weiß, dass ich nichts weiß (Glauben ist nicht wissen)

Ich weiß, dass ich nichts weiß ist ein geflügeltes Wort der Antike.
Diese Weisheit wird Cicero (106–43 v. Chr.) zugeschrieben. Ob die Formulierung tatsächlich von ihm stammt, weiß niemand. Was er damit sagen wollte ebensowenig, Interpretationen gibt's viele.

Was weiß ich wirklich?

Ich sehe, dass es regnet. Ich höre, dass der Wind bläst. Ich fühle, dass es kalt ist.
Das wenigste, was ich mit ähnlicher Gewissheit zu wissen glaube, kann ich tatsächlich bezeugen.
So gut wie alles, was ich als "Wissen" an- und hingenommen habe, habe ich von irgendjemandem übernommen.
Ich habe es gehört, gelesen, als Bild oder Film/Video gesehen.
Wann immer ich Informationen dieser Art als "Wahrheit" akzeptiere, beschließe ich (ohne es zu bemerken), der Quelle zu glauben.

Ich weiß nicht, ich glaube. Ich bin gläubig. Gut-gläubig.

Der ungläubige Thomas:

Thomas, genannt Didymus (Zwilling), einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger sagten zu ihm: "Wir haben den Herrn gesehen." Er entgegnete ihnen: "Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht."
Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder versammelt und Thomas war dabei. Die Türen waren verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: "Friede sei mit euch!" Dann sagte er zu Thomas: "Streck deinen Finger aus - hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!" Thomas antwortete ihm: "Mein Herr und mein Gott!" Jesus sagte zu ihm: "Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“

Wer waren wohl jene, die diese "Wahrheit" formulierten und welche Ziele verfolg(t)en sie wohl mit der Wortwahl und mit der Absicht, Thomas dumm da stehen zu lassen?
Warum lassen sie Thomas nicht sagen "Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe ... , weiß ich nicht"?
Warum lassen sie Jesus nicht sagen "
Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht unsicher, sondern wisse"?

Die Qual der Wahl der Quellen:

Ich gelobe
  • es wie Thomas halten zu wollen und sorgfältig zwischen Glauben und Wissen zu unterscheiden,
  • das Gehirn, das mir Gott und/oder die Evolution dankenswerter Weise geschenkt hat gewissenhaft zu nutzen und Quellen, denen ich Glaube schenken möchte mit dem mir eigenen Hausverstand gründlich zu prüfen,
  • die Sinnhaftigkeit dieser Entscheidungen regelmäßig zu hinterfragen, und
  • nie zu vergessen, die alles entscheidende Frage zu stellen:
    "Welchen Nutzen zieht derjenige, der soeben behauptet, was er behauptet, persönlich aus dem, was er soeben behauptet?"

Mittwoch, 25. Dezember 2013

Im Anfang war das Wort

Im Anfang war das Wort.

Weil es Worte braucht, um über Worte nachzudenken.
Und weil ohne Worte kein Nachdenken über Worte wäre.

Weil es Worte braucht, um zu denken.
Und weil ohne Worte kein Denken wäre.
...
und das Wort war bei Gott,
und das Wort war Gott.
Im Anfang war es bei Gott.
Alles ist durch das Wort geworden
und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.


Siehe auch
Johannesevangelium
Schöpfungsbericht




Dienstag, 16. Oktober 2012

Über Verantwortung

Mein Lieber Sohn (*)!

Du fragst Dich, wofür Du Verantwortung trägst, in dieser Welt?
Ich sage Dir, Du trägst Verantwortung für folgendes:
  1. Du trägst Verantwortung für Dich selbst, uneingeschränkt, für alles, was Du tust, und alles, was Du lässt. Die Konsequenzen Deines Tuns und Lassens musst Du tragen.
  2. Du trägst Verantwortung für das Auskommen und Wohlergehen Deines Sohnes solange, wie er das tut, was Du von ihm verlangst, bzw. solange er das tust, was Du ihm empfiehlst (**).
    Was Du nicht beeinflussen kannst, macht Dich frei von Verantwortung.
  3. Du trägst Verantwortung für das Auskommen der Mutter Deines Sohnes, wenn und so lange Du das für angemessen empfindest.
(Beeinflusse, was Du beeinflussen kannst, schließe Frieden mit dem, was Du nicht beeinflussen kannst, und unterscheide beides sorgfältig.)

Das gleiche gilt auch für mich.

(*) "Sohn" steht hier geschlechtsneutral, der Begriff steht dort, wo es Sinn macht, auch für "Tochter".
(**) Dass Du vor dem Gesetz für die Taten deines minderjährigen Sohnes Verantwortung trägst, ist zwar Fakt, mir an dieser Stelle aber nicht von Bedeutung.

Samstag, 18. August 2012

Beziehungskiste

Mein guter Freund Michael W. hat Freude daran, die Welt und das, was sich in  ihr abspielt in Anlehnung an das gute alte Johari-Fenster in Quadranten einzuordnen.

Hier eine dreidimensionale Sichtweise auf die Welt der Beziehung:




Aus den 3 Dimensionen Seelischer Gleichklang | Körperlich sexueller Gleichklang | Geistig intellektueller Gleichklang und der jeweiligen Ausprägung vorhanden | nicht vorhanden ergeben sich zwangsläufig 8 Kombinationsmöglichkeiten, von denen nur eine wirklich optimal ist, alle anderen mehr oder weniger unpassend.
Das Glück ist ein Vogerl...

Dienstag, 27. Dezember 2011

Bestellung eines Kaufmännischen Leiters - ein Glaubensbekenntnis

Es ist geplant, die Stelle des "Kaufmännischen Leiters der XXX(*)" international auszuschreiben, weil die Bewertungskommission zur Überzeugung gekommen ist, im Hause nicht die geeigneten Kandidaten zur Verfügung zu haben.
Ich glaube, dass die Nichtwahl eines Bewerbers aus dem eigenen Hause begründet ist durch Selbstzweifel und Furcht.
Ich glaube, dass es menschlich ist, in Zweifel und Furcht den Wunderwuzzi herbeizusehnen, den Überguru, der alles das tun wird, was selbst bis jetzt nicht geschafft worden ist.
Ich glaube, dass der ersehnte Retter am silbernen Horizont auftauchen wird wie Lucky Luke, makellos, mit goldener Aura, gefeiert als der Retter aus Kummer und Not.
Ich glaube, dass er sich entpuppen wird als Mensch wie du und ich. Mit unseren Stärken und Schwächen, gefangen in unseren Sachzwängen, über kurz oder lang gebunden in unserer Unternehmenskultur und unserer Bürokratie. Warum? Weil wir ihn zu einem von uns machen werden, ob wir wollen oder nicht.
Ich glaube, dass wir ihm unsere Uhr schenken werden, und er uns sagen wird, wie spät es ist.
Ich glaube, dass er schaffen kann, was auch wir zu schaffen im Stande wären, und dass er scheitern wird an dem, was auch uns zu meistern verwährt bliebe.

Geschrieben von R@iner am 18.11.1997 zu Wien,
Wiedergefunden am 27.12.2011, und für wahr befunden, denn 2 von der Sorte sind mittlerweile Geschichte.

(*) Name der Redaktion bekannt ;-)

Mittwoch, 2. November 2011

Wissen

Weiß jemand, der heute auf eine Uhr blickt, die gestern zur selben Zeit stehen geblieben ist, eigentlich, wie spät es ist?

Sonntag, 24. Juli 2011

Der arme König Orü (ein Staatsschulden-Märchen)

Es war einmal ein König, der hieß mit Namen Orü.
Orü war ein armer König. Ein armer König, in einem armen Land.
Die Menschen in seinem Reich hatten viel zu wenig um zu leben, aber gerade einen Hauch zu viel um zu sterben.
Und Orü ging es ebenso, denn er war ein guter König. Ein guter und verzweifelter König.

Tag und Nacht grübelte Orü, wie er dem Übel im Lande ein Ende bereiten könnte, und eines Morgens hatte er eine Idee. Eine verzweifelte Idee.
Er beschloss, ein Monument zu bauen, ein riesiges Monument. Ein Monument, das die Welt noch nie gesehen hatte. Ein Monument, im Grunde notzlos, bestenfalls ihm zu Ehren.
Das Monument sollte Orü heißen, und es sollte aus Dingen gemacht sein, die niemandem fehlten. Aus Steinen und Sand, denn das gab's im kargen Land in rauhem Überfluss. Und aus Zeit, die seine Untertanen investierten, denn auch an Überfluss an Zeitmangel hatte niemand zu leiden. Es gab kaum etwas zu tun.

Und so trommelte er seine Untertanen zusammen und verkündete das stolze Projekt "Orü".
Jeder, der mithelfe, würde königlich belohnt, versprach er.
Und die Menschen fanden Gefallen an der Idee, und es kamen viele, um sich zu verdingen.
König Orü belohnte jeden, der beitrug mit königlichem Lohn:
1 ΟЯUЭ (gesprochen Orü) je Arbeitstag, verbrieft auf Pergament mit königlichem Siegel und höchst eigenhändiger königlicher Signatur.
Und jeder wusste, mit jedem ΟЯUЭ, den man erwarb, erwarb man Eigentum am Monument.

Die Menschen strömten herbei und jeden Tag wurden es mehr. Architekten und Ingenieure fanden sich ebenso wie unzählige Arbeiter, und mit Fortschritt des Projektes bildeten sich Versorgungsstrukturen. Denn die Menschen mussten essen und trinken, und sie hatten auch sonst allerlei an Bedürfnissen, die gegen ΟЯUЭ befriedigt werden wollten, und Handel und Wandel gedieh alsbald prächtig.
Es entstanden Siedlungen, Gehöfte, und in ebendem Maße, in dem das Monument wuchs, wuchsen auch Wohlstand und Zufriedenheit im Lande.

Orü ist ein wohlhabender König. Umgeben von wohlhabenden Untertanen in einem wohlhabenden Land, bloß weil in der Mitte seines Reiches ein Monument steht, das die Welt noch nie gesehen hat. Ein Monument, das streng besehen keinen Nutzen stiftet. Es ist bloß Gegenwert der ΟЯUЭs, die von Hand zu Hand gehend Land und Leute Wohlstand sichert. Ein Monument, Orü zu ehren.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

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Erläuterung:
Der weise König Orü bringt seinen Untertanen Wohlstand, indem er Schulden aufnimmt.
Er kreiert SCHULDGELD.
Würde er das Geld zum Bau seines Monuments anderswo leihen, und dafür Zinsen bezahlen (müssen), sähe die Rechnung wohl anders aus.
Aber das ist eine andere Geschichte.

Samstag, 25. Juni 2011

Ein Staat ist keine Firma

Natürlich kann man einen Staat mit einer Firma vergleichen, bloß ein Staat ist keine Firma.
Kein Staat kann seine Schulden jemals zurückbezahlen.
Kein Staat denkt daran, seine Schulden jemals zurückzuzahlen.
Keiner!
Gläubiger, die einem Staat geborgt haben, werden am Ende der Laufzeit befriedigt, indem der Staat einen neuen Kredit aufnimmt, um den alten zu tilgen.
Es geht "in Zeiten wie diesen" bloß darum, dass den Staaten weiter geborgt wird. Und das natürlich zu leistbaren Zinsen.
Denn ein Staat ist erst dann bankrott, wenn er seinen Zinsendienst nicht mehr bedienen kann.
Und der "Markt" (wer immer das ist), ist emsig bemüht, Griechenland (und später vielleicht andere) dort hin zu bringen.
Denn die Zinsen werden momentan in absurd astronomische Höhen getrieben.
Und die Reichen werden reicher, und die Armen werden ärmer.
Wohl, weil der Staat von den Armen nimmt, um die Reichen dazu zu bewegen, weiter zu borgen.
Pervers, finde ich. Du auch?

Montag, 18. April 2011

Du sollst dir kein Bild machen

Hier und jetzt ist beschlossen:
NIEMANDEM ist das Recht / die Macht gegeben
  • mir das Bild aufzudrängen, das er/sie sich von mir gemacht hat
  • über mich zu urteilen / zu richten
  • mich Dinge tun zu lassen, die ich nicht tun will,
    - weder aus Angst vor Bestrafung
    - noch aus Hoffnung auf Belohnung.
Denn wahrlich, ich sage euch:

Auch wenn ihr nicht umhin kommt, euch ein Bild von mir zu machen, mich zu kategorisieren. Keines eurer Labels wird an mir haften. Sie gleiten ab und fallen, wie das welke Laub im Herbst von den Bäumen fällt.
Keine Markierung, egal ob hübsch oder hässlich, wird meinem Wesen gerecht.
Ich bin.
Ich bin R@iner.

Notiz vom 30.12.2007 23:00
(Wiederentdeckt und für gut befunden im April 2011)

Mittwoch, 5. Januar 2011

Die EWIGKEIT und das EWIGE LEBEN

Manche Mystiker behaupten, die Ewigkeit würde jetzt geschehen, und gar mancher glaubt an das Ewige Leben. Was ist davon zu halten?
Mal nachdenken:

Uber die Ewigkeit:


In Wikipedia steht geschrieben (Datum Blogeintrag) :
Unter Ewigkeit oder etwas Ewigem versteht man etwas, das weder einen zeitlichen Anfang noch ein zeitliches Ende besitzt bzw. unabhängig von dem Phänomen Zeit existiert.

Einstein hat festgestellt, dass Raum ohne Zeit und Zeit ohne Raum nicht sein können . Wir leben im sogenannten Raum-Zeit-Kontinuum.
Weil als gesichert gilt, dass am Anfang der Welt der Urknall stand, der den Beginn des Raum-Zeit-Kontinuums ausmacht, kann Ewigkeit nicht innerhalb des Raum-Zeit-Kontinuums existieren, denn ihre Existenz benötigt KEINEN Anfang, das Raum-Zeit-Kontinuum hat aber einen.
Die Ewigkeit muss folglich schon vor dem Urknall, unabhängig von der Raum-Zeit, existiert haben.

Es muss also richtig heißen:
Unter Ewigkeit oder etwas Ewigem versteht man etwas, das unabhängig vom Phänomen Raum & Zeit existiert.

Die Ewigkeit ist zeitlos.

Die Ewigkeit ist das, innerhalb dessen das Raum-Zeit-Kontinuum stattfindet. Das Raum-Zeit-Kontinuum ist eine Blase in der Ewigkeit, sozusagen.
Deshalb ist jetzt Ewigkeit.
Immer.
Und Ewig.

Über das Ewige Leben:


Einstein hat festgestellt, dass wir im sogenannten Raum-Zeit-Kontinuum leben . Ewiges Leben muss zeitloses Leben sein. Lassen wir die Zeit weg, fällt automatisch auch der Raum weg.
Ohne Raum kein Leben. Oder kann sich der geneigte Leser ein Leben ohne Raum vorstellen? Ziemlich beengend, nicht wahr?
Ohne Zeit kein Leben. Oder kann sich der geneigte Leser ein Leben ohne Zeit vorstellen? Ziemlich einförmig, nicht wahr?
Ohne Raum und Zeit keine Bewegung, keine Veränderung, kein Wachstum. Kann sich der geneigte Leser ein Leben ohne Veränderung und ohne Wachstum vorstellen? Ziemlich erstarrt, nicht wahr?
Was würde zeitlos Belebtes von zeitlos Umbelebtem unterscheiden? Nichts.
Ewiges Leben ist ein Paradoxon, ein unauflösbarer Widerspruch.

Logisch?

Freitag, 5. März 2010

Inselgelt (9) – Wer hat Schuld?

Feldi und Bachi sitzen beisammen. Sie machen sich Sorgen. Weniger um Waldi selbst. Der ist ersetzbar, denn dort draußen auf der endlos großen Scheibe, da sind weitere Inseln und dahinter noch weitere. Feldis Handel und Wandel läuft gut, und Bachi gibt gerne Kredit.
Bloß die 1.000 Steinchen, die Waldi Bachi schuldet, machen Bachi ärgerlich.
Und die 1.000 Steinchen, die Waldi Feldi schuldet, machen Feldi ärgerlich, denn er hat auch geborgt, das mit dem Zins war zu verlockend.
Und so machen die 2.000 geborgten Steinchen Bachi und Feldi ärgerlich, weil sie angesichts der schrecklichen Lichtung in Waldis Wald um diesen Besitz bangen.
Längst haben sie vergessen, dass auf Bachis Zettelbank bloß 12 Steinchen liegen, wozu auch. Die sind völlig ohne Bedeutung. Und wen schert es, ob sie überhaupt noch dort sind.

Auch Waldi ärgern die 2.000 geborgten Steinchen. Denn irgendwie deucht ihm diese Schuld eigenartig. Feldi und Bachi besitzen so gut wie alles, was man auf dieser Insel besitzen kann, und er, Waldi, hat demnächst gerade noch so viele Bäume, wie man an den Fingern einer Hand abzählen kann.

Selber schuld, könnte man meinen.
Wäre er eben fleißiger gewesen, könnte man sagen.
Er hätte eben das Wachstumsspiel der Anderen mitspielen müssen.

Und während Feldi und Bachi keinen Gedanken verschwenden auf die Frage, wo das Gelt eigentlich her gekommen ist, das ihre Geschäfte beflügelt, sitzt Waldi im Schatten eines Baumes, und blickt auf’s Meer hinaus.

Wie kann es kommen, dass einer 2.000 Steinchen schuldet, wo doch niemals mehr als 12 Steinchen gleichzeitig zu sehen gewesen waren.
Er kritzelt „Gelt = Ungiltiges + Schuld“ in den Sand und denkt:
„Wäre diese Insel jetzt eine Kugel, dann hätten Feldi und Bachi ein ernstes Problem.“

Fortsetzung folgt nicht.

Hier geht's zum Beginn: Inselgelt (1) - Tauschwirtschaft

Donnerstag, 4. März 2010

Inselgelt (8) - Kreditfalle

Auch Waldis Nerven liegen lange schon blank, denn seine Lage ist ihm längst bewusst.
Er hatte zwar begonnen, neue Bäumchen zu setzen. Die wachsen zwar stätig, aber elendiglich langsam. Die Lichtung hingegen, die wächst rasch und immer schneller noch dazu.
Und auch sonst ist er in denkbar schlechter Position. Was kann er groß ausrichten gegen Feldi, der nebenan schaltet und waltet, und gegen Bachi, der auf seiner Bank sitzt, und Herr ist über Gelt, und der von den Zinsen lebt, die Waldi (und andere) bereit gewesen waren, zu akzeptieren, und die er, Waldi, nun nicht imstande sein würde, mitsamt den angehäuften Schulden jemals zu begleichen.
Und er hatte Bachi im Ringen um neuen Kredit gar manches Märchen aufgetischt, um seine Lage und Kreditwürdigkeit zu beschönigen, die lange unbemerkt gebliebene Lichtung im Walde inklusive.

Und Bachis jüngstes Angebot, ihm letztmals 10 gegen 15 zu borgen, verbunden mit dem drängend vorgebrachten Rat, zu sparen, und zu sehen, seine Schulden doch jetzt endlich in den Griff zu bekommen, kommt ihm da gerade recht.

Da ist ihm die Erkenntnis, dass die Welt, auf der wir alle leben, eine Kugel ist, und keine unbegrenzte Scheibe, wie Feldi und Bachi hartnäckig zu glauben scheinen, auch kein Trost, fürwahr.

Fortsetzung folgt.
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Mittwoch, 3. März 2010

Inselgelt (7) – Wirtschaftskraft & Kreditwürdigkeit

Viele Jahre sind seitdem vergangen. Die Dinge haben sich verändert. Anfangs unmerklich, mit der Zeit aber immer deutlicher und immer rascher.

Feldi hatte eine Menge von Dingen unterschiedlicher Nützlichkeit angehäuft.
Heute besitzt er Felder, Boote, treibt Handel. Gäste von benachbarten Inseln kommen auf Besuch, wohnen in eigens für sie gebauten Hütten am Strand, essen seine Fladenbrote, und manche arbeiten für ihn.
Das alles bringen Reichtum und Wohlstand.

Bachi sitzt auf seiner Bank und hat Anteil an Feldis Erfolg. Nicht nur Waldi hat Kredit bei ihm genommen, auch Feldi zahlt Zinsen, und gar mancher Bewohner benachbarter Inseln hat seine Geltgeschäfte Bachi anvertraut. Bachi hat einen Helfer angeheuert und ihm beigebracht, seine Bücher zu halten, und es fällt ihm leicht, dessen Mühe aus den Zinseinnahmen zu entgelten.

Waldi hingegen hat den Großteil seiner Bäume gefällt. Anfangs gemütlich, später aber immer eiliger, wegen der Zinslast. Und darüber hatte er ganz übersehen, sich rechtzeitig um junge Bäume zu bemühen.
Die wuchsen weit langsamer nach, als er fällen musste. Und daran ändert auch nicht, dass er sich mittlerweile als Arbeiter auf Feldis Feldern verdingt, um etwas Gelt dazuzuverdienen, in der Hoffnung, dann weniger Bäume fällen zu müssen.

Der Boden, auf dem ehemals Wald gestanden hatte, ist karg und öde. Das Holz ist verheizt oder es steckt in Feldis Hütten und Booten. Die paar Gäste der anderen Inseln, die es auf der Suche nach unberührter Natur heute an Waldis kargen Strand verschlägt, lassen nur wenig Nutzbares zurück.
Und seine Erkenntnis „E gleich M C Quadrat“ ist auch niemandem Einsteinchen wert.

Und erst neulich war er da, der Moment, an dem Bachi begann, an Waldis Fähigkeit die geborgten Steinchen jemals zurückgeben zu können, zu zweifeln.
Bachi hatte sich lange gewehrt, den Zweifel hochkommen zu lassen. Denn anfangs hatte Waldi seine Schuld pünktlich mit vereinbartem Zins beglichen.
Aber irgendwann hatte Bachi beim Wandern durch Waldis Wald festgestellt, dass in der Mitte eine riesige Lichtung klaffte. "Der Wald schrumpft," schoss es ihm glühend heiß ein.

Und als Waldi mit der Bitte gekommen war, ihm neuen Kredit zu geben, weil er den alten gerade nicht zu begleichen im Stande wäre, war Bachi bereit, aber zu höherem Zins, wegen des Risikos, so hatte er argumentiert.
Und so war Waldi bereit gewesen, erst 12, dann 13 Steinchen für 10 geborgte zu schulden. Und mit dem Zinsgewinn war Bachi gut einkaufen, das wirkte lange beruhigend wie Baldrian auf Bachis Nerven.
Bloß mittlerweile steht Waldis Schuld bei 1000, und die verbliebenen Bäume werden bald an den Fingern einer Hand abzuzählen sein.

Fortsetzung folgt.

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Dienstag, 2. März 2010

Inselgelt (6) - Zinswirtschaft

Irgendwann war Bachi es leid, andauernd zu borgen, denn es bedeutete Arbeit und er musste den Überblick behalten, ohne dass ihm diese Anstrengung einen Nutzen gebracht hätte.
Außerdem dämmerte ihm das Risiko, wenn Geborgtes einmal nicht zurückgegeben würde, dann wäre es wohl zu seinem Schaden.

So zierte er sich, als Waldi wieder um Kredit ansuchte. Aber Waldi wollte sich nicht abwimmeln lassen, und als er gar vorschlug, für 10 Gelt später 11 zu geben, war Waldi wieder zufrieden, und er borgte. Das 11te war Lohn für seine Mühe, das konnte er für sich gegen Nützliches tauschen, und das gefiel ihm.

Und so ging das fortan.
Mit jedem Kredit von 10, den er gab, bekam er nach vereinbarter Frist 11 zurück.
Denn sobald Waldi danach war, tauschte er Holz bei Feldi gegen Gelt, das er ihm zuvor gegen Weizen gegeben hatte, und damit beglich er regelmäßig seine Schuld bei Bachi, der ihm bereitwillig neuen Kredit gab, 10 Gelt gegen 11, versteht sich.

Gab Bachi 10 Gelt Kredit, waren 22 Gelt unterwegs. 12 gedeckt durch die Ungiltigen auf der Bank und die anderen 10 als Eintrag im Schuldbuch. Zahlte Waldi zurück, waren zusätzliches Gelt und Schulden wieder verschwunden.
Den Zins berappte Waldi gewöhnlich aus dem Verkauf von Holz, und war er wieder mal nicht flüssig, so bat er um neuen Kredit von 10 gegen 11, und ließ Bachi eins davon als Lohn für den letzten Kredit zurück.
Bachi gab gerne und viel, denn Waldis Wald stand als Garant dafür, dass die Schulden beglichen würden, und 10 Kredit brachten 1, aber 20 brachten 2 im gleichen Zeitraum.

Auf diese Weise stieg die Menge an Gelt in präzise dem Maße, in dem Waldis Schulden stiegen.
Die Preise stiegen zwar auch ein wenig im Laufe der Zeit, aber ohne Besorgnis zu erregen. Denn Handel und Wandel stiegen umso mehr. Je mehr Zettel vorhanden, desto mehr konnte man kaufen, egal ob Weizen, Fisch oder Holz.
Feldi war zufrieden, denn seine Geschäfte liefen gut und immer besser.
Bachi war zufrieden, denn seine Geschäfte liefen gut und immer besser.
Waldi war zufrieden, denn seine Geschäfte liefen gut und immer besser und allen mangelte an nichts.

Fortsetzung folgt.

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Hier geht's zum Beginn: Inselgelt (1) - Tauschwirtschaft

Montag, 1. März 2010

Inselgelt (5) - Kreditwirtschaft

Das ging so, Tag ein, Tag aus. Und als Waldi eines Tages vorbei kam, um Bachi zu bitten, ihm doch ein Steinchen zu leihen, weil er gerade keines hatte und keine Lust einen Baum zu fällen, verborgte der eines, und dachte nicht weiter darüber nach.
Denn Waldi hatte genug Bäume, und das Steinchen würde er ihm sicher bei nächster Gelegenheit wieder zurück geben.
Bachi eröffnete ein Schuldbuch, in das er schrieb: „Waldi schuldet ein Steinchen."

Waldi kam öfters, und borgte Steinchen. Und Bachi führte Buch, damit er den Überblick nicht verliere.
Gab Bachi ein Gelt-Gilt-Steinchen, vermerkte er im Schuldbuch „Waldi schuldet ein Steinchen“.
Ersuchte Waldi um Bar-Gelt-Gilt, denn die Verwendung der Zettel war er zunehmend gewohnt, nahm Bachi ein trockenes Blatt, schrieb „Gegen diesen Zettel gebe ich ein Steinchen!“ mit Unterschrift, und im Schuldbuch vermerkte er „Waldi schuldet ein Steinchen“.
Und nachdem Bar-Gelt-Gilt-los Einzug gehalten hatte, schrieb er ins Einlagenbuch „Waldi besitzt ein Steinchen“ und ins Schuldenbuch „Waldi schuldet ein Steinchen“.

Eines Tages begab es sich, dass alle 12 Gelt-Gilt-Steinchen bei Feldi waren, und Waldi kam, um eines zu borgen.
Bachi bemerkte, dass auf der Bank kein Steinchen zum Verborgen verblieben war. Das irritierte ihn, aber nach kurzem Sinnieren nahm er ein trockenes Blatt, schrieb „Gegen diesen Zettel gebe ich ein Steinchen!“ mit Unterschrift, und in seinem Schuldbuch schrieb er wie immer „Waldi schuldet ein Steinchen“.
Erst als Feldi tags danach zur Zettelbank gekommen war, um alle 12 Steinchen in Verwahrung zu geben, staunte Bachi nicht schlecht. Feldi hatte wie gewohnt gegen die Gelt-Gilt-Steinchen 12 Bar-Gelt-Gilt genommen, und Bachi bemerkte beim Studium seiner Bücher, dass er zwar 12 Ungiltige auf der Bank hatte, aber 13 Bar-Gelt-Gilt bei Feldi und Waldi waren. Er, Bachi, hatte ein seltsames 13. Ungiltiges auf seiner Bank. Ein virtuelles, unsichtbares Steinchen sozusagen. Eines, das als Waldis Schuld im Schuldbuch stand.
Das war Zauberei.

Ansonsten war alles gleich geblieben wie zuvor, und niemand außer Bachi wunderte sich.
Wenn mal einer kam, um Bar-Gelt-Gilt oder Buch-Gelt-Gilt gegen Gelt-Gilt-Steinchen zu tauschen, gab er Steinchen und zerriss Zettel oder verbuchte, und das ging immer so, bloß kam immer seltener jemand, um sich ein Geld-Gilt Steinchen zu holen. Bar-Gelt-Gilt war viel handlicher, und Buch-Gelt-Gilt ebenso.
Und seit Bachi Bar-Gelt-Gilt Bar-Gelt und Buch-Gelt-Gilt Buch-Gelt nannte, waren beide fast noch handlicher.

Bachi wunderte sich also, und er dachte nach über Bar-Gelt (die Zettelchen, die umherliefen) und Buch-Gelt (das im Einlagenbuch vermerkt war) und über Gelt-Gilt (die Steinchen, die umliefen) und die Ungiltigen (die Steinchen auf seiner Bank) und über die Geschuldeten (die im Schuldbuch vermerkt waren), und er stellte fest:

(i) Summe aus Gelt-Gilt plus Bar-Gelt plus Buch-Gelt ist immer gleich Ungiltige plus Schuld.
(ii) Summe aus Gelt-Gilt plus Ungiltige ist immer 12.

Und Bachi bemerkte, dass zwischen Gelt-Gilt, Bar-Gelt und Buch-Gelt kein wirklicher Unterschied war, und so beschloss er die drei seltsamen Brüder „Gelt“ zu nennen.

Fortsetzung folgt.

Hier geht's zur nächsten Folge: Inselgelt (6) - Zinswirtschaft
Hier geht's zum Beginn: Inselgelt (1) - Tauschwirtschaft

Sonntag, 28. Februar 2010

Inselgelt (4) – Buchgeld

Wenn Feldi in Eile war, beim Hinterlegen eines Steinchens auf der Bank, dann konnte gut sein, dass er „Schreib’s auf!“ sagte, weil er nicht auf Bachis Bestätigungszettel warten wollte.
Und so eröffnete Bachi ein Einlagenbuch, in das er schrieb: „Feldi besitzt ein Steinchen.“

Bachi benannte, womit er sich beschäftigte.

Die Steinchen, die Feldi und Waldi und er selbst bei sich trugen, die nannte er „Gelt-Gilt“, weil man damit Gelt-Gilt-Geschäfte machen konnte.
Jene Steinchen, die auf der Zettelbank lagen, die nannte er „Ungiltige“, denn sie waren hinterlegt. Eingesperrt. Aus dem Verkehr.

Die Bestätigungszettel für hinterlegtes Gelt-Gilt, die mittlerweile wie Gelt-Gilt selbst und anstelle der Ungiltigen den Besitzer wechselten, die nannte er Bar-Gelt-Gilt.
Nicht ohne zu schmunzeln nannte er sie Bar-Gelt-Gilt, denn wer mit dem Zettel von Hinnen nach Dannen ging, der ging bar des Steinchens, also quasi nackend, vom Steinchen befreit.

Das, was Feldi eilig und ohne Beleg hinterlegt hatte, das nannte er Buch-Gelt-Gilt. Schlicht, weil es in seinem Einlagenbuch vermerktes Gelt-Gilt war, über das Feldi, oder wer es auch sonst hinterlegt hatte, jederzeit hätte verfügen können, so, als tauschte er einen der Zettel.

Und weil Feldi zerstreut war, und beim Tauschen an der Bachmündung weder Steinchen noch Zettel bei sich gehabt hatte, und Bachi aus der Not geholfen hatte, indem er vorschlug, das Steinchen, das Feldi Waldi gegen Holz zu bezahlen gehabt hätte einfach als Buch-Gelt-Gilt von Feldis Guthaben auf Waldis umzubuchen, gewöhnte sich auch Waldi an Buch-Gelt-Gilt, und verzichtete immer mehr auf das Ausstellen von Zettel.
Man verrechnete zunehmend Bar-Gelt-Gilt-los, und Bachi buchte, denn im Grunde war das Eine wie das Andere.

Fortsetzung folgt.

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Samstag, 27. Februar 2010

Inselgelt (3) – Bargeld

Die Zeit verging und alle hatten ihr Ein- und Auskommen, jeder auf seine Weise.

Feldi war der eifrigste. Er war einer von der Sorte, die nicht still sitzen kann. Der Weizen brauchte regelmäßig Hege und Pflege. Und wenn er gerade keine brauchte, fand Feldi tausend andere Dinge zu tun.
Er hatte sogar mit Holz, das er von Waldi getauscht hatte, ein Boot gebaut und trieb sich am Meer zum Fischen herum. Auf diese Weise hatte er benachbarte Inseln entdeckt und begonnen, dort seinen Überschuss an Weizen gegen Dies und Das zu tauschen.

Waldi war von der gemütlichen Sorte. Er saß gerne im Schatten seiner Bäume, betrachtete das Meer oder den Lauf der Sonne und dachte nach. Er kritzelte gerne Zeichnungen in den Sand und sprach mitunter sonderbare Dinge, „A Quadrat plus B Quadrat ist gleich C Quadrat“ beispielsweise, oder „Störe meine Kreise nicht“, wenn man ihn in seinen Gedanken unterbrach.
Wenn Waldi Weizen oder Fisch brauchte fällte er einen Baum, oder er erlaubte Feldi oder Bachi einen zu fällen, während er kritzelte, und gab ihn gegen Steinchen. Ansonsten genügte er sich selbst.

Bachi war ein Durchschnittstyp. Nicht so tunorientiert wie Feldi, und auch nicht so seinorientiert wie Waldi.
Bachi war gesellig. Vielleicht der Geselligste von allen Dreien.
Er liebte es, bei Feldi oder Waldi vorbei zu kommen, und Worte zu wechseln.
Und er genoss zunehmend Vertrauen bei Feldi und Waldi, denn Geselligkeit macht vertraut, und er hatte Gespür für Gerechtigkeit bewiesen, war es ihm doch mehrmals gelungen Streit zu schlichten und Recht herzustellen, wo Unrecht schien.

Bachi hatte sich eine Bank am Bach gezimmert, auf der saß er gerne, wenn er nicht gerade zum Worte wechseln unterwegs war.

Bachi wunderte sich nicht weiter, als Feldi eines Tages an seiner Bank vorbei kam, und ihn bat, seine, Feldis, Steinchen in Verwahrung zu nehmen. Er, Feldi, sei doch immer beschäftigt und unterwegs, und die Steinchen leicht anzubauen, aber ohne Ertrag. Und wo doch Bachi die längste Zeit ohnehin auf seiner Bank säße, könnte er doch genauso gut auf Feldis Steinchen aufpassen, auf dass sie keine Füßchen bekämen, und sich nicht aus dem Staube machten.

Anfangs hatte Feldi eine Bestätigung erbeten, wenn er ein Steinchen bei Bachi hinterlegte. „Gegen diesen Zettel gebe ich ein Steinchen!“ hatte Bachi dann auf ein getrocknetes Blatt geschrieben, mit Unterschrift, und Feldi war zufrieden.
Das Steinchen selbst legte Bachi sorgfältig auf die Bank.
Und wenn Feldi hie und da einen der Zettel gegen ein Steinchen zurücktauschen wollte, war das nie ein Problem. Bachi gab ihm das Steinchen von der Bank und zerriss den Zettel.

Weil Feldi oft in Eile war, konnte es gut vorkommen, dass er beim Tausch von Holz kein Steinchen dabei hatte, bloß Bachis Zettel. Feldi gab dann Waldi den Zettel an Steinchen Statt, und der nahm ihn ohne Bedenken, denn er wusste, gegen diesen Zettel gibt Bachi ein Steinchen.
Es war, als würde im Moment, in dem Feldi ihm den Zettel übergab, auch das Steinchen auf Bachis Bank in seinen Besitz wandern.

Und weil es bequem war, nicht selbst auf die Steinchen aufzupassen, dauerte es nicht lange, und Waldi deponierte auch Steinchen auf der Bank, und ließ sich Zettel dafür geben.

So hatte jeder seine Rolle im Spiel:
Feldi übte Tun, Waldi übte Sein, und Bachi saß auf seiner Bank und bewachte die Steinchen auf der Bank.

Fortsetzung folgt.

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Freitag, 26. Februar 2010

Inselgelt (2) - Geldwirtschaft

Mitunter gerieten die gewohnten Tauschverhältnisse allerdings gehörig durcheinander. Wenn Feldis Vorrat an Weizen zur Neige ging, und er nicht mehr tauschen wollte, beispielsweise. Da musste Waldi schon 3 Bund Holz für den Eimer bieten, bis Feldi einschlug. Oder wenn Waldi auf einem der 2 Bunde Holz, die er mühsam zum morgendlichen Treffpunkt an der Bachmündung geschleppt hatte, sitzen geblieben war, und lieber mit 1 Eimer Weizen oder meinetwegen mit einem mittelgroßen Fisch nach Hause gegangen wäre, als den schweren Holzbund wieder heim zu schleppen. Und der letzte genießbare Fisch der Saison war schon mal um stolze 5 Bund Holz an Feldi gegangen, weil Waldi bei 4 Bund aufgehört hatte, mitzubieten.

Das war überhaupt so eine Sache mit den Bedürfnissen.
Es konnte schon einmal vorkommen, dass Bachi gerne Holz gehabt hätte, aber Waldi gerade keinen Fisch wollte, aber Weizen. Dann musste Bachi versuchen, erst Fisch gegen Weizen, und dann Weizen gegen Holz zu tauschen. Das war mitunter recht nervig, aber irgendwie war man's gewohnt, und meistens traf man sich ohnehin morgens an der Bachmündung, da ließ sich in der Regel ein Kompromiss finden.
Vielleicht lagerte man auch irgendetwas ein, was man momentan eigentlich nicht wirklich brauchte, sehr wohl aber in der Erwartung, es später gegen Brauchbares eintauschen zu können.
So tauschte Bachi Fisch recht gerne gegen Holz, denn das bleibt sehr lange brauchbar, was man von seinem Fisch leider nicht behaupten kann.

Dass Bachi beim Fischen seinen Zeh an einem seltsam glänzenden daumengroßen Steinchen gestoßen hatte, war vorerst ohne Bedeutung.
Bachi gefiel das glänzende Steinchen, und er hatte es nach Hause in seine bescheidene Hütte genommen.

Das Steinchen war hübsch, aber das war auch alles. Und einzigartig. Und unverwüstlich. Aber es war zu rein gar nichts zu gebrauchen. Selbst wenn man es schluckte, es kam irgendwann wieder zum Vorschein, etwas unansehnlich vielleicht, aber unversehrt. Und ohne irgendwelchen Nutzen zu stiften.
Im Laufe der Zeit gesellten sich weitere von diesen seltsam glänzenden daumengroßen Steinchen hinzu. Bachis Sammlung war auf 12 Steinchen angewachsen, dann schien der Bach leer geräumt.
Bachis Verwunderung war groß, als ihm bei einer Verhandlung um 1 Eimer Weizen ein Steinchen aus dem Hosensack gekullert war, und Feldi sofort 6 Eimer Weizen dafür bot.
Und nachdem Bachi verblüfft akzeptierte, und Waldi kurz darauf Wind von den Steinchen bekam, gewannen die Steinchen an Bedeutung.

Es dauerte nicht lange, und man tauschte

Steinchen
[ 1 Stk]
Holz
[Bund]
Weizen
[Eimer]
Fisch
[1 mittelgroßer]
Steinchen >>>
[ 1 Stk]
1
3
6
12
Holz >>>
[1 Bund]
1/3
1
2
4
Weizen >>>
[1 Eimer]
1/6
1/2
1
2
Fisch >>>
[1 mittelgroßer]
1/12
1/4
1/2
1

Erst tauschte man gegen Steinchen, weil sie hübsch waren.
Das Erste, das man selbst sein Eigen nannte, war ganz besonders hübsch. Das Zweite, war nicht mehr ganz so hübsch, wenn man es so recht besah, und das Dritte noch ein bisschen weniger. Obwohl, wenn man sie durcheinander mischte, konnte man nicht mehr so recht sagen, welches davon denn das Erste und welches das Dritte gewesen war.
Es war wohl eher wie mit den Weizenfladen. Das Erste schmeckt besonders lecker, wenn man Hunger hat. Aber das Dritte, wenn einem der Bauch schon steht, nun ja.

Aber da war dann doch noch etwas ganz besonderes an den Steinchen.
Sie waren nicht bloß hübsch. Sie waren handlich. Weit handlicher, als Holzbunde.
Und sie waren haltbar. Weit haltbarer als Getreide und weit weit haltbarer als Fisch.
Und sie waren ganz offensichtlich rar. Denn als Feldi und Waldi jeder 4 davon eingetauscht hatten, hatte Bachi plötzlich den Spaß daran verloren, weitere zu tauschen, als ging' es um den letzten Fisch.

Die Steinchen von Feldi und Waldi glänzten unverändert schön, aber weil sich Feldi und Waldi an ihnen über kurz oder lang satt gesehen hatten, war's ihnen irgendwann einerlei, ob sie jetzt 5 oder 1 davon besaßen. Und weil sie es Leid waren, Eimer und Bunde früh morgens an die Bachmündung zu schleppen, einigten sie sich, was sie gerade brauchten gegen diese Steinchen zu tauschen:

Holz
[Bund]
Weizen
[Eimer]
Fisch
[1 mittelgroßer]
Steinchen >>> 
[ 1 Stk]
3
6
12

Das war äußerst komfortabel. Man musste weit weniger schleppen, die Tauschrelationen waren einfach zu merken, und wenn man gerade mal gar nichts brauchte, ein Steinchen war allemal gut genug, um den Wert des Getauschten zu konservieren, und später Brauchbares zurück zu tauschen.
Das sah auch Bachi ein, nachdem er 1 Steinchen nach einem guten Fang gegen 12 seiner Fische zurück getauscht hatte, die er unmöglich alleine hätte essen können, bevor sie verdorben wären.

Und ein freundliches Ritual hatte sich auch eingestellt, mit dem Steinchentausch: "3 Bund Holz macht 1 Steinchen, gelt?" - " Ein Steinchen, gilt!" Das war der Spruch, der ein gelungenes Holzgeschäft besiegelte.
Gelt, ausgesprochen "gööt" [gø t], das steht für "nicht wahr!" (engl. "isn't it!"), das hatte Bachi irgend wann einmal in Wien aufgeschnappt, lange bevor er an Land gespült worden war. Gilt, ausgesprochen "güüt"[gy t], kommt auch von dort, und Bachi fand es lustig, gööt und güüt zu sagen, und die Anderen machten mit.

Fortsetzung folgt.

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Donnerstag, 25. Februar 2010

Inselgelt (1) - Tauschwirtschaft

Also mal angenommen, irgendwo im Nirgendwo ist eine Insel, auf der leben 3 Menschen.
Feldi besitzt das Ackerland. Das war schon immer so, warum weiß keiner so genau, tut auch nichts zur Sache.
Waldi besitzt den Wald.
Bachi besitzt weder Grund noch Boden. Er war als Letzter auf die Insel gekommen, und weil Feld und Wald besetzt waren, wohnt er am Bach. Der bildet die Grenze zwischen Wald und Feld, und war und ist so eine Art von Niemandsland.

Feldi baut seit immer Weizen, Waldi schlägt Holz. Solange sie zu zweit waren, tauschten sie untereinander, was sie hatten.
Feldi tauschte seinen Weizen gegen Holz, denn das kann man gut gebrauchen, um eine Hütte zu bauen und instand zu halten, und um Feuer zu machen wenn's kalt ist und zum Kochen.
Waldi tauschte sein Holz gegen Weizen, denn aus dem lassen sich köstliche Fladen backen, und mehr braucht es eigentlich nicht, um zu leben.

Das war recht einfach zu tauschen, denn beide hatten genug von jedem. Man einigte sich rasch:

Holz
[Bund]
Weizen
[Eimer]
Holz   >>>
[1 Bund]
1
2
Weizen   >>>
[1 Eimer]
1/2
1

Mit Bachi hatten sich die Verhältnisse etwas verändert. Er war irgendwann an Land gespült worden, ohne Hab und Gut. Und weil Feldi und Waldi misstrauisch waren ihm gegenüber, hatte er beschlossen, ihnen aus dem Weg zu gehen. Er hatte Fische im Bach gefangen, und eine Hütte im Sumpf gebaut. Das störte Feldi und Waldi nicht weiter, und sie gewöhnten sich an den Dritten im Bunde.

Bachi hatte damit begonnen, hie und da einen seiner gefangenen Fische gegen etwas Weizen oder Holz einzutauschen. Feldi und Waldi schätzen den Fisch, er bringt ein klein wenig Vielfalt in die eintönige Fladenküche, und Bachi schätzt Weizen und Holz aus Gründen, die nahe liegen.

Dem Tauschen von Holz, Weizen und Fisch war anfangs ein eifriges Feilschen voraus gegangen.
Mit der Zeit einigte man sich aber auf gleichbleibende Tarife, und meist gab's für

Holz
[Bund]
Weizen
[Eimer]
Fisch
[mittegroß]
Holz   >>>
[1 Bund]
1
2
4
Weizen   >>>
[1 Eimer]
1/2
1
2
Fisch   >>>
[1 mittelgroßer]
1/4
1/2
1

Fortsetzung folgt.

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